Und dabei wollen wir natürlich auf keinen Fall darauf verzichten, die lange Zeit zwischen Saisonabschluss und Hahnheide-Derby aufzuarbeiten, denn es brennt mit Sicherheit unter den Nägeln der mitreisenden und -lesenden Beobachter der Tiger-Herren, was Mücke als neuer Cheftrainer des Auffangbeckens für Breitensportathleten aus der Truppe gebastelt hat.
Apropos brennen – ein neuer Trainer steht immer vor der schwierigen Entscheidung, wie er einer neuen Mannschaft seinen ersten Stempel aufdrücken kann. Manche lösen das mit einem Grillabend, andere mit ausufernden Fußballpartien zum Aufwärmen. Mücke hingegen setzte auf brennende Beine und damit direkt ein Zeichen, wie es um die Konditionsqualität seiner neuen Schützlinge stand. Mücke Magath zeigte dabei aber insofern Fingerspitzengefühl, als dass die Belohnung tatsächlich Schmerz und Krämpfe übertrumpfte: Schafft die Mannschaft in 6 Wochen die KM-Leistung, spendiert er Bier, schnürt sich das linke Knie fest und läuft vor den Augen der Mannschaft 20 Runden um den Bargteheider Sportplatz, die sich dabei das Bier schmecken lassen durfte.

Ein gewagter Ansatz, der belohnt werden sollte – die KM-Leistung wurde erbracht und mündete in einer guten Konditionsbasis, die während der Freundschafts- und Trainingsspiele erste Erfolge zeigte.
Bevor es gegen Eichholz ins erste Saisonspiel ging, drehte sich auch das Personalkarussell zu Gunsten eines schnellen Tempospiels: Unter den Adleraugen von Mücke erhielt Magnus eine neue Karrierechance und rutschte von Außen in die Mitte der Pfosten, um Jörg und unsere Abwehr zu unterstützen. Neu hinzu kamen Flo auf Mitte und Tim auf Rückraumlinks, sodass wir einen noch nie dagewesenen Kader von theoretisch 22(!) Spielern vorweisen können.
Theoretisch deshalb, weil uns in der Praxis schon beim ersten Spiel der Rückraum fehlte. Thorsthen und Addy grüßten aus dem Urlaub oder „Dienstreise“, Jona verteidigte unter Einsatz seines Lebens die Steilshooper Allee gegen randalierende Senioren und zu allem Überfluss liefen Flo und seine Schulter im Training in entgegengesetzte Richtungen, womit über den 60 Minuten auf Mitte ein großes Fragezeichen stand.
Glücklicherweise (und dank der guten konditionellen Basis) fanden wir gut ins Spiel und setzten gegen die Gastgeber aus Eichholz mit einem 4:1 Marsch früh das erste Zeichen. Zwar fanden auch die Eichholzer etwas später ins Spiel, den Vorsprung konnten sie jedoch bis zur Halbzeit nicht mehr einholen. Insgesamt lief im Angriff viel über die schnelle Mitte und einfache Tore, lediglich die Abwehrarbeit ließ zuweilen über die Mitte zu viele Chancen zu, sodass das 16:10 zur Halbzeit zwar deutlich, aber durchaus höher hätte ausfallen können. Die Kabinenansprache fiel entsprechend knapp aus – mehr Konzentration und eine solidere Abwehrarbeit sollten im Fokus stehen. Und das gelang so gut, dass Mücke nach 45 Spielminuten und einem Spielstand von 28:15 die Luft rauslassen und ein paar neue Konstellationen in der Abwehr und im Rückraum ausprobieren konnte. Mit 30:23 lösten wir folgerichtig und absolut verdient die ersten zwei Punkte gegen den Eichholzer SV.
Nach dem guten Start folgte erstmal lange gar nichts. Die Herbstferien standen an, wodurch wir gezwungen waren, das Momentum über 5 Wochen bis zum Derby gegen Hahnheide aufrechtzuerhalten.
Mit Blick auf die letzte Saison ein durchaus schwieriges Unterfangen, denn nach der letzten Herbstpause stürzten wir achterbahnartig auf die Abstiegsplätze. Dass nun auch noch der Absteiger und Nachbar aus Hahnheide zu Besuch in die Eckhorsthalle kam, erhöhte den Leistungsdruck exponentiell.
Entsprechend angespannt war die Stimmung vor dem Spiel – nicht nur wir traten mit vollem Kader auf, auch die Gäste brachten 15 Spieler mit, um die Punkte gegen uns zu holen. Dennoch waren kaderseitig einige Unterschiede erkennbar – während wir uns in den letzten 12 Monaten deutlich verjüngten, setzten die Hahnheider weiter auf robuste Erfahrung und die notwendige Abgebrühtheit, unsere jungen Hüpfer im 1vs1 abzufrühstücken.
Wenig überraschend starteten beide Mannschaften mit viel Tempo in die Partie, Herantasten auf Augenhöhe die dafür wohl passendste Beschreibung. Ein leichtes Chancenplus der Gäste zeichnete sich ab, denn bis zur 16. Spielminute konnten die Hahnheider einen Vorsprung von 1-2 Toren halten. Die körperbetonte Abwehr verhinderte zudem, dass wir größere Lücken reißen konnten und beim 1gegen1 zeigte sich schnell, dass wir seit gut 10 Jahren gegeneinander spielen.
So dauerte es seine Zeit, bis wir uns auf beiden Seiten des Spielfelds sortierten und Zugriff auf die Gäste bekamen, konnten aber, und da zeigt sich die vorausschauende Magath’sche Taktik von der Seitenlinie, unser Tempo oben halten und blieben bis kurz vor der Pause auf Augenhöhe. Eine doppelte 2-Minuten Strafe für die Hahnheider brachte uns schlussendlich die Möglichkeit, mit einem 1-Tore-Vorsprung in die Kabinen zu gehen.
Eine kurze Ansprache mit Verweis auf eine betongleiche Abwehrarbeit und einer schnellen Mitte, bis der Boden qualmt später, ging es zurück aufs Parkett. Mit etwas weniger technischen Fehlern hätten wir die Partie sicherlich schon etwas früher zu unseren Gunsten entscheiden können, machten es aber bis zur 47. Minute spannend, um schließlich über die Kondition einen Vorsprung zu erkämpfen. Und nun möchte man meinen, dass mit einem 5-Tore-Vorsprung 10 Minuten vor Schluss souverän zu Ende spielen könnte. Souveränität lässt sich aber nur bedingt coachen und ist beim besten Willen kein Bestandteil der Herren-DNA. Wir gaben in den Schlussminuten also noch einmal alles, um den Hahnheidern nicht die Lust an einer potenziellen Aufholjagd zu nehmen. „Ruhe“-Ansagen von Außen oder Mitte wurden mit kanonenschussgleichen Querpässen beantwortet, Pässe in den Konterlauf großzügig um 10 Meter verlängert und freie Würfe vor dem Tor nach besten Wissen und Gewissen in die Holzverkleidung der Eckhorsthalle geschrotet.
Glücklicherweise war auch bei den Hahnheidern die Luft raus, wodurch wir 2 Sekunden vor Schluss den verdienten 31:27 Treffer erzielen konnten. Insgesamt ein körperbetontes, aber für Derby-Verhältnisse ausgesprochen faires Spiel, das uns nun im Ergebnis auf die Tabellenspitze katapultiert. Luft nach oben besteht trotzdem, gerade aus technischer Sicht, aber um uns aufs Wesentliche zu besinnen, schließen wir den Bericht mit den eloquenten Worten unseres Cheftrainers:
„Wir haben einfach gewonnen. Wir haben heute gegen Hahnheide gewonnen, mehr muss ich nicht sagen, Abwehr geil gearbeitet, vorne die Dinger reingemacht, perfekt.“

Als nächstes wartet der Besuch beim Lübecker SV Gut Heil v. 1876 am 7.11. um 18 Uhr auf uns, bei dem es gilt, die neu gewonnene Tabellenposition zu verteidigen. Bis dahin verlässt uns leider erneut Riepe, der bei seinem Perlentaucher-Lehrgang vor Surabaya vergangene Saison noch nicht genügend Darmbakterien gesammelt hat, um die Stempelkarte beim Gastrologen vollzukriegen. Wir wünschen gute Reise und ein baldiges Wiedersehen im heimischen Kader.





